Was Sie über den Schlaf wissen sollten

 

Die Schlafphasen in der Nacht

 

Es ist ein Irrtum, davon auszugehen, dass das Schlafbedürfnis ein linear ansteigender Faktor ist: Wenn Sie um zehn Uhr abends müde werden, sollten Sie den Zeitpunkt des Zubettgehens nicht hinausschieben in dem Glauben, dass Sie um halb elf, elf oder halb zwölf Uhr allmählich immer noch müder würden. Denn aufgrund unserer inneren zirkadianen Rhythmen kommt und geht die Schläfrigkeit in einem wellenartigen Muster. Schlaf ist keine „Rolltreppe“, auf die man jederzeit aufspringen kann, sondern eher ein Paternoster - also die Möglichkeit, in einen Fahrstuhl einzusteigen, wobei es dafür günstige und weniger günstige Augenblicke gibt.

 

Diese Einstiegsmöglichkeiten wiederholen sich bei den meisten gesunden Menschen in 90-minütigen Rhythmen und werden auch tagsüber manchmal in Form eines Mittagsschlafs wahrgenommen. Allerdings handelt es sich nicht bei jedem Menschen exakt um 90 Minuten; die Rhythmik variiert von Person zu Person. Dabei wird in der Regel jeder zweite Zyklus deutlicher erlebt: Viele Menschen berichten, dass sie am Tag alle drei, vier oder viereinhalb Stunden ein solches „Schlaffenster“ wahrnehmen, wobei ihre Müdigkeit sich nach einer gewissen Zeit wieder legt.

 

 

Schlaf und Lebensalter

 

Diese Zyklen sind im Lebensverlauf des Menschen gewissen Entwicklungen unterworfen. Das Neugeborene, das noch keinen Kontakt zu seiner äußeren Umwelt hat, wird in seinem Schlafverhalten stark von inneren Zyklen bestimmt. Je mehr ein Organismus reift, desto stärker werden die inneren Zyklen mit äußeren Zeitgebern verknüpft: Alles, was das Leben des Erwachsenen bestimmt - Licht, Dunkelheit, Termine, die Uhr -, wird in diese Rhythmik integriert. So entwickeln sich über das steigende Lebensalter hinweg veränderte Rhythmen. Ein einjähriges Baby schläft noch zwei- bis dreimal innerhalb von 24 Stunden, das Kindergartenkind hält nur noch einen Mittagsschlaf; das zehnjährige Kind verliert die Neigung zum Mittagsschlaf, lehnt diesen sogar ab, und Erwachsene können aufgrund äußeren Termindrucks meist keinen Tagesschlaf mehr halten. Im Alter kehrt sich dieser Rhythmus oft um: Wir lehnen uns dann wieder eher an den Schlafrhythmus eines kleineren Kindes an.

 

 

Warum erholsamer Schlaf wichtig ist

 

Im Schlaf wird unsere ,,Lebensuhr" wieder aufgezogen

 

„Der Schlaf ist für den ganzen Menschen, was das Aufziehen für die Uhr.“

Dieses Zitat von Arthur Schopenhauer macht deutlich, dass es sich beim Schlafen um einen aktiven Zustand handelt: Wir schalten nachts nicht einfach „die Lichter aus", sondern während des Schlafs finden intensive Verarbeitungsprozesse statt. So ist der Tiefschlaf für die Entmüdung, die Fettverbrennung und das Einprägen von Zahlen und Namen zuständig, der REM-Schlaf dagegen eher für das Erlernen und Verknüpfen von sensorischen und motorischen Fähigkeiten. Während des Schlafs werden auch Hormone produziert, die wichtige Funktionen für unseren Organismus erfüllen:

 

  • Im ersten Nachtdrittel wird das Wachstumshormon ausgeschüttet. Bei Kindern und Jugendlichen sind diese Hormone für das Längenwachstum, bei Erwachsenen für die Zellreparatur zuständig.
  • Gegen drei Uhr morgens wird Kortisol ausgeschüttet, das uns allmählich wieder wach und fit für den Tag macht. Deshalb sind wir wahrscheinlich beim nächtlichen Wachliegen auch so schutzlos unseren inneren Angriffen ausgesetzt: Wir grübeln über Probleme nach, die wir morgens um acht Uhr souverän lösen würden, weil der Schutz des Kortisols als Abwehrinstanz dann wieder gegeben ist.
     

 

Dauer der einzelnen Schlafphasen

 

Die 90-minütigen Schlafphasen sorgen dafür, dass der Schläfer gewissermaßen in kleinen "Scheibchen“ immer wieder sämtliche Schlafstadien durchläuft – wobei das Tiefschlafstadium gegen Morgen seltener wird, während der REM-Schlaf immer mehr zunimmt. So kommt es, dass wir nach zwei bis drei Schlafzyklen bereits von jedem dieser Schlafstadien eine ausreichende Menge bekommen haben. Kurzschläfer und Langschläfer unterscheiden sich also nicht grundsätzlich in ihrem Schlaf, sondern nur in der Anzahl der durchlaufenen Schlafphasen.

 

 

Warum schlechter Schlaf krank macht

 

Ein zu kurzer, zu leichter oder unerholsamer Schlaf wirkt sich nicht nur negativ auf unsere Wachheit und Leistungsfähigkeit am nächsten Tag aus: Er kann uns auch richtig krank machen. So weiß man inzwischen, dass eine enge Wechselbeziehung zwischen Schlafstörungen und Depressionen besteht: Schlafgestörte Menschen haben ein sehr viel höheres Risiko, später einmal an einer Depression zu erkranken.

 

Über ein komplexes Zusammenspiel von Hormonen begünstigt chronisch schlechter oder zu kurzer Schlaf außerdem die Entstehung von Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt: Denn Schlafstörungen und Schlafmangel sind Stress für Körper und Psyche. Die dabei vermehrt ausgeschütteten Stresshormone schädigen auf die Dauer Herz und Gefäße.

 

Und weil der Schlaf sich auch positiv auf unser Immunsystem auswirkt, sind Menschen, die schlecht schlafen, anfälliger für Erkältungen und andere Infektionserkrankungen. Diese Erfahrung hat sicherlich jeder schon einmal gemacht: Schlaf ist die beste Medizin. Wer einen grippalen Infekt hat, wird schneller wieder fit, wenn er seinem Schlafbedürfnis nachgibt und sich möglichst viel Ruhe gönnt -, dass man sich „gesund schlafen“ kann, ist also nicht einfach nur eine Redensart aus dem Volksmund, sondern stimmt tatsächlich.

 

Aber Schlafmangel hat noch viel weitreichendere Konsequenzen. Denn wenn wir schlecht oder zu wenig geschlafen haben, treffen wir auch schlechtere Entscheidungen: Wir werden oberflächlicher und risikofreudiger, handeln weniger gewissenhaft; unsere ethisch-moralischen Maßstäbe verblassen. Vor diesem Hintergrund ist es sehr kritisch zu sehen, dass Entscheidungen im Wirtschaftsleben und in der Politik oft in Nachtsitzungen getroffen werden: Das kann sich sehr negativ auf die Qualität der gefassten Entschlüsse auswirken!

 

 

Sekundenschlaf

 

25% aller schweren Autobahnunfälle und 20% aller Unfälle im Stadtverkehr gehen auf Sekundenschlaf am Steuer zurück. Und davon sind nicht etwa nur ältere oder kranke Verkehrsteilnehmer betroffen: Auch junge Menschen (vor allem Männer im Alter von 18 bis 30 Jahren) sind eine Risikogruppe für schläfrigkeitsbedingte Unfälle.

 

Viele Faktoren können zu Schläfrigkeit am Steuer führen: So erhöhen Schlafstörungen und schlafbezogene Erkrankungen wie eine obstruktive Schlafapnoe oder Narkolepsie, aber auch Schlafmangel (etwa durch Schichtarbeit) das Gefährdungspotenzial für Einschlafattacken am Steuer. Nachtfahrten, lange Fahrstrecken, monotone Fahrsituationen und Hitze wirken sich ebenfalls ungünstig aus: Im Sommer passieren mehr Autounfälle als im Winter, obwohl um diese Jahreszeit weder Eis noch Schnee auf den Straßen liegt! Teilweise mag das auch daran liegen, dass in den Sommerferien viele Menschen in den Urlaub fahren und dabei ihr eigenes Durchhaltevermögen am Steuer oft maßlos überschätzen.

 

Kurzschlaf und Koffein sind die einzigen beiden Wachmach-Strategien, die nachweislich wirken. Danach ist man für die nächsten zwei bis drei Stunden wieder fit - aber nicht für den halben Tag. Freilich sollte man nicht erst dann etwas gegen den drohenden Sekundenschlaf tun, wenn einem fast schon die Augen zufallen. Durch langfristige vorbeugende Strategien kann man in vielen Fällen dafür sorgen, dass es gar nicht erst so weit kommt.

 

 

Wie viel Schlaf braucht man eigentlich?

 

Der ,,durchschnittliche Deutsche" liegt etwa 15 Minuten lang wach, bis er einschlafen kann. Danach hat er eine durchschnittliche Schlafdauer von 7 Stunden. Dieser Durchschnittswert sagt natürlich nichts darüber aus, ob nicht der eine oder andere mehr gebraucht hätte und den Schlaf nur beenden musste, weil die Arbeit ruft. Welche Schlafmenge ist denn die richtige? Das erste Missverständnis könnte lauten: Je mehr, desto besser. Das ist falsch! Denn mit dem Schlaf ist es ähnlich wie mit dem Essen: Bei beidem gibt es ein Zuwenig, aber auch ein Zuviel.

 

Eigentlich ist es sehr einfach für einen gesunden Menschen, herauszufinden, wie viel Schlaf er braucht: Achten Sie nur darauf, wie Sie sich morgens beim Aufwachen fühlen. Sind Sie am Morgen munter und spüren am Tag nur gelegentlich kleine Schwankungen der Wachheit, war die Schlafmenge genau richtig für Sie. Egal, ob Sie verblüffend wenig oder weit mehr als alle Ihre Bekannten schlafen. Die individuell richtige Menge stellt sich oft schon im frühen Erwachsenenalter ein. Die Spanne des „Normalen“ reicht von knapp fünf Stunden bis zu zwölf.

 

Aber es kommt eben auf die erzielte Erholung beim Aufwachen an. Vermissen Sie beim Aufstehen die erwünschte Erquickung und wiederholen sich am Tage Phasen, in denen Sie sich kaum wachhalten können oder sogar bei Monotonie fast einschlafen, sollten Sie sich folgendermaßen prüfen: Schlafen Sie nicht genug und hat sich unter der Macht der Umstände ein kräftiges Minus auf Ihrem Schlafkonto angehäuft? Oder muten Sie sich ein stark wechselndes Schlafverhalten zu? Unter der Woche zu kurz, am Wochenende viel zu lang, was dann zu den typischen Wachliegephasen in der Nacht von Sonntag auf Montag führt? Beim Essen ist uns klar: Die Portion sollte weder zu klein noch zu groß sein. Beim Schlaf wäre aber eine gute „Schlafhygiene“ ebenso zu beachten: Vor allem bei Menschen mit Müdigkeitsproblemen heißt das: regelmäßiges Zu-Bett-Gehen, genauso regelmäßiges Aufstehen. Keine allzu großen Variationen, auch nicht am Wochenende.

 

 

Wann sollen wir idealerweise zu Bett gehen?

 

Manche Menschen legen sich einfach hin, weil ein bestimmter äußerer Grund sie leitet. Etwa weil der Ehepartner jetzt auch schlafen geht oder die Spätnachrichten zu Ende sind. Dabei wäre es richtiger, vor allem für Menschen mit Schlafproblemen, genau den Zeitpunkt zu finden, an dem der persönliche Schlafdruck am größten ist. Wann ist das? Um den richtigen Zeitpunkt am Abend zu finden, ist es wichtig, diesen rhythmischen Schläfrigkeitsverlauf über 24 Stunden einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Man lernt dabei, dass die Schläfrigkeit kommt und schnell wieder geht. Und dass man nicht, wenn man abends um halb elf müde wäre, um elf noch besser schläft.

 

 

Mittagsschlaf - ja, aber nicht zu lange.

 

Es wird empfohlen, tagsüber nicht länger als 20 Minuten zu schlafen. Nach dieser Spanne des Leichtschlafs gelangt der Körper nämlich in den Tiefschlaf, der bestimmte Botenstoffe freisetzt, sodass man sich nach einem verlängerten Mittagsschlaf unter Umständen den ganzen Nachmittag wie zerschlagen fühlt. Zweitens baut sich dabei der sogenannte Schlafdruck zu stark ab, den man am Abend zum besseren Einschlafen benötigt. Manche nutzen den Trick, das Mittagsschläfchen mit einem Schlüssel in der Hand anzutreten: Denn im Schlaf erschlafft unsere Muskulatur immer mehr. Während des Leichtschlafs können wir den Schlüssel gerade noch halten; doch sobald wir in den Tiefschlaf kommen, werden unsere Muskeln so schlaff, dass uns der Schlüssel aus der Hand fällt. Genau dann wäre es höchste Zeit, wieder aufzustehen.

 

 

Regeln für einen guten, erholsamen Schlaf

 

Praktizieren Sie regelmäßig ein Einschlafritual, das zu Ihnen passt.
Gehen Sie genau dann zu Bett, wenn Sie am Punkt sind, müde zu werden.
Schlafen Sie regelmäßig, werktags wie sonntags, zu ähnlichen Zeiten und weder zu kurz noch zu lang!
Führen Sie Tagebuch über Ihre Müdigkeitstiefs. Morgens beim Aufstehen sollten Sie sich wach und erholt fühlen. Die Müdigkeitstiefs bei Tage dürfen nur schwach spürbar sein; bei ausgeprägter Tagesschläfrigkeit liegt ein Problem vor, dem Sie nachgehen sollten.
Schlafen Sie mittags nicht länger als 20 Minuten.
 

 

Unbehandelte Schlafapnoe verhindert den erholsamen Schlaf. Sie sollten das ernst nehmen und alles für Ihren erholsamen Schlaf tun.

 

Copyright:  Bundesverband Schlafapnoe und Schlafstörungen Deutschland e.V. (BSD) www.bsd-selbsthilfe.de